Zwecklos und mit Sinn - Atelier Bardill

4. Dezember 2007

Atelier Bardill
Scharans
2007

Bauherr, Bauleitung

Linard Bardill
Scharans

Architektur
Valerio Olgiati
Chur

Bauingenieur
Conzett, Bronzini, Gartmann
Chur

Haus des Liedermachers Linard Bardill, rostrot, aus Beton und mitten im Dorf

Ein Haus gehört an seinen Platz

Das Hofstattbaurecht hat auch die Giebel geboren, welche das Haus zieren, aber mehrheitlich das Dach nicht tragen, für das sie bestimmt scheinen. Niederer freuen auch die Hase in Bronze zwecklosen» Giebel. Er hat das Haus um- und erwandert, es sich von allen Seiten angeschaut. «Durch die Dachgiebel », lautet sein Fazit, «fügt sich das neue Gebäude nahtlos in den Duktus des Dorfkerns ein.» Überhaupt, findet Niederer und meint das durchwegs positiv, sei der neue Bau trotz der Ausführung in Rot eingefärbtem Beton «ein unscheinbares Gebäude». Weder beim Anmarsch von der nahen Postautostation her noch aus der Vogelperspektive vom Berg gesehen, wirke es im Dorfkern als Fremdkörper. Und spätestens wenn das heute noch neu glänzende Kupferdach verwittert sei, «wird das Haus nicht mehr auffallen». Schon heute stört sich eigentlich niemand an dem Stück zeitgenössischer Architektur inmitten von Zeugen anderer, oft längst vergangener Zeiten.

Über die insgesamt 1200 Rosetten wollte sich der Bildhauer Heinz Niederer (von hinten) nicht äussern, über das Haus als Denkraum schon.

Wenn in Scharans im Zusammenhang mit dem Atelierhaus reklamiert wurde, dann höchstens wegen Baulärm und Staubwolken während der Erstellung. Niederer, der das Haus, trotz seiner Arbeit als Plastiker («Schreiben Sie um Gottes Willen nicht Skulpteur.»), nicht als Skulptur beurteilen mag, «dafür bin ich nicht Experte, auch wenn man mich als solchen beigezogen hat», lobt lieber den Architekten und den Bauherrn. «Man hat mit dem Haus auf das reagiert, was an diesem Ort sein soll», betont er. Den Grund für das Gelingen findet er im Verhältnis zwischen Olgiati und Bardill. «Die beiden haben sich während der langjährigen, vierstufigen Planung wie auf einer Entwicklungsschaukel weitergebracht», so seine Analyse. Was Niederer damit meint: «Beide Seiten haben bei der anderen etwas ausgelöst.» Olgiati sei es gelungen, das architektonisch zu artikulieren, was in Bardill bereits geschlummert habe. Bardill wiederum habe in Olgiati die Begeisterung für seine Ideen zu wecken vermocht. «Dass das Haus heute so gut ist, liegt mit daran, dass es ein additiv entstandener Bau ist», ist Niederer überzeugt. «Da ist viel Denkarbeit geleistet worden – und das in der heutigen Zeit, wo viele lieber gar nicht mehr denken wollen.»

Neugierige erblicken durch die Öffnung nicht etwa das Innere, sondern den Himmel. Der Architekt stellte keine Pläne zur Verfügung.

Vom Drinnen und vom Draussen

Das Denken, Niederers Denken, regt auch den Aufenthalt im Haus selbst an. Besonders der Innenhof hat es ihm angetan, zumal, wenn die breite, fast raumhohe Schiebetür geschlossen ist. «Von aussen wirkt das Haus, als gehöre es an seinen Standort, als sei es mit seiner Umgebung seit jeher fest verbunden», erklärt Niederer. Wer drinnen sitze und durch die runde Dachöffnung in den Himmel schaue, der könne sich an jedem Ort der Welt wähnen. «Das Haus kann einen an einen Ort nach Wunsch transportieren, das gehört zu seinen Stärken.» Oder anders gesagt: «Äusserlich ist der Bau in den Ort integriert, innerlich bezieht er sich auf den Besitzer.» Und wenn sich Niederer die Frage nach Sinn oder Zweck, nach Kunst oder Nichtkunst, nach seiner geistigen und physischen Wanderung noch einmal stellt? «Das Haus ist gebauter Sinn», so sein Fazit. Olivier Berger

Atelier Bardill
Scharans
2007

Bauherr, Bauleitung

Linard Bardill
Scharans

Architektur
Valerio Olgiati
Chur

Bauingenieur
Conzett, Bronzini, Gartmann
Chur

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