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Fußball Völlers Fauxpas

Jessica Kastrops Leben in der Männerdomäne Fußball

Jessica Kastrop behauptete sich seit vielen Jahren erfolgreich in einem Geschäft, dass noch immer von Männern geprägt ist Jessica Kastrop behauptete sich seit vielen Jahren erfolgreich in einem Geschäft, dass noch immer von Männern geprägt ist
Jessica Kastrop behauptete sich seit vielen Jahren erfolgreich in einem Geschäft, dass noch immer von Männern geprägt ist
Quelle: AP
Jessica Kastrop wurde von Rudi Völler vor laufender Kamera abgekanzelt. Dabei beweist die Moderatorin seit Jahren ihre Kompetenz. Mit einer Einschätzung zum Thema Sexismus lag sie jedoch daneben.

Wer sein Fach studiert hat und seit 20 Jahren in selbigem arbeitet, dem würde jeder wohl gemeinhin unterstellen, dass er eine Fachkraft ist. Wer dies zudem auf höchsten Niveau tut, sagen wir, in der Champions League seines Metiers, den würde wir sogar als Experten bezeichnen. Auf Jessica Kastrop trifft beides zu.

Sie studierte Journalistik, arbeitete über Jahre als Redakteurin, wechselte vor die Kamera und ist heute Sky-Chefreporterin in der Champions League und präsentiert beim Bezahlsender zudem die Bundesliga. Dennoch bügelte Rudi Völler, Bayer Leverkusens Sportdirektor, die Saarländerin nach einer kritischen Frage ab, als säße eine Schülerreporterin vor ihm.

"Ich glaube, dass es seine Art war zu implodieren", sagte Kastrop anschließend. Doch sorgte wirklich die Leverkusener Derbypleite gegen den 1. FC Köln dafür, dass Völler auf eine völlig berechtige Frage nach der Verantwortung von Trainer Roger Schmidt für Bayers schwache Defensivleistungen der vergangenen Spiele zweimal Kastrops Arm tätschelte, "okay, alles klar", sagte und sich lieber dem zu seiner Rechten sitzenden Experten Erik Meijer zuwandte? Oder lag es doch vielmehr daran, dass diese von einer Frau gestellt worden war?

Völler-Ausraster wäre besser gewesen

Jessica Kastrop verfolgt diese Diskussionen fast schon so lange, wie sie im Sport tätig ist. In einem Interview mit der "Welt" äußerte sie sich einmal vorsichtig optimistisch, was die Entwicklung des Themas Sexismus in der Fußball-Bundesliga angeht. "Vielleicht hat sich über die Dauer meiner Tätigkeit in diesem Beruf auch ein gegenseitiger Respekt eingeschlichen. Klingt verrückt, könnte aber sein", sagte sie damals.

Nach Völlers demonstrativem Wegtätscheln von Kastrops Frage darf diese Hoffnung zumindest in diesem Fall angezweifelt werden. Die Moderatorin hätte sich wohl gewünscht, Völler wäre nicht implodiert, sondern explodiert. So, wie er es auch bei ihren männlichen Kollegen in gewisser Regelmäßigkeit tut. Dann wäre zumindest nicht dieser Eindruck der abwertenden Sonderbehandlung für die Frau am Tisch entstanden.

"Die Liebe zum Spiel wurde mir in die Wiege gelegt"

Dabei betont die 41-Jährige immer wieder, dass sie nicht nur Fragen von Karten abliest und nett lächelt. Ihr Interesse und ihre Verbundenheit zum Fußball rühren aus jüngster Kindheit: "Mein Vater hat mit mir schon die ,Sportschau’ geschaut, da konnte ich noch nicht einmal sprechen. Ich bin zwei Tage nach dem Eröffnungsspiel der Fußball-WM 1974 geboren worden, Jugoslawien gegen Brasilien 0:0. Mein Papa hat den Fernseher auf die Entbindungsstation geschleppt, und deshalb bin ich bereits postnatal traumatisiert worden. Die Liebe zum Spiel wurde mir quasi in die Wiege gelegt."

Kastrop hatte sich wohl gewünscht, dass die Männerdomäne Fußball auch durch ihre Arbeit der vergangenen Jahre schon einen Schritt weiter sei. Und so dürfte sie wohl hoffen, dass ihre Aussage vom Februar 2013 die Antwort auf Völlers Chauvinismus-Attacke ist: "Wer gerade eine Klatsche bekommen hat, braucht Interviews nach dem Spiel so nötig wie ein Loch im Kopf. Dem ist das dann auch ziemlich egal, ob da nun Männlein oder Weiblein steht."

rt

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